8 Grußwort der Präsidentin der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Carola Veit Liebe Hamburgerinnen und Hamburger! Sehr geehrte Damen und Herren! In unserer Heimatstadt waren zwischen 1939 und 1945 eine halbe Million Menschen zur Zwangsarbeit eingesetzt. Viele von ihnen wurden aus der da- maligen Sowjetunion und aus Polen verschleppt und mussten bei uns in der Rüstungsindustrie und in der Landwirtschaft schuften. Ihrer Freiheit beraubt, lebten diese Männer, Frauen und Kinder zumeist in einem Klima ständiger Angst, öffentlicher Demütigungen und mit den immer wieder- kehrenden Fragen: »Werden wir diesen schrecklichen Krieg überleben? – Können wir jemals in unsere Heimat zurückkehren?« Für unsere heutige Generation ist es kaum fassbar, welches Leid die Op- fer erdulden mussten. Umso wichtiger ist es, die Erinnerung an ihre Schick- sale zu bewahren und ein Zeichen der Anerkennung zu setzen. Aus diesem Grund ersuchte die Hamburgische Bürgerschaft im Jahre 2000 den Senat, ein Besuchsprogramm für ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsar- beiter ins Leben zu rufen. In dem Zeitraum von 2001 bis 2013 haben wir so mehr als 400 Gäste aus der Ukraine, aus Polen, Weißrussland und vielen weiteren Staaten begrüßen dürfen. Sie kehrten zurück an die Orte ihrer schmerzhaften Vergangenheit, an denen sie nur selten Menschlichkeit erfuhren. »Ich hätte nicht geglaubt, noch einmal hierher zu kommen« – so lautet denn auch der Titel der Aus- stellung, die das Besuchsprogramm nun beschließt. In ergreifenden, sehr persönlichen Texten schildern die Betroffenen ihre Erlebnisse in der NS-Zeit und machen zugleich deutlich, mit welchen teils gemischten Gefühlen sie nach Hamburg zurückgekommen sind. »Lange Jahre hat mein krankes Gedächtnis immer nur die dunklen Bil- der und die schweren Erinnerungen an die drei Jahre meiner fernen Jugend wiederholt«, schreibt zum Beispiel Frau Tamara Nassonowa aus Russland, die während des Zweiten Weltkriegs in einer Jutespinnerei in Harburg ar- beiten musste. »Und jetzt, nachdem ich alles wiedergesehen und vor allem ein ganz anderes Verhältnis der Deutschen uns Russen gegenüber gespürt habe, fangen viele spitze Kanten dieser Erinnerungen an, sich zu glätten.« Bei zahlreichen Besuchen in Hamburger Schulen haben die Gäste dar- über hinaus als Zeitzeuginnen und Zeitzeugen über ihre Erfahrungen be- Foto: Michael Zapf