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Katalog Ausstellung Zwangsarbeiter

27 Der Leiter des Hamburger Arbeitsamtes befand Ende 1942, die Zahl der eingezogenen deutschen Männer sei durch Zuweisungen von Ausländern und Kriegsgefangenen ausgeglichen worden. Bei den Frauen hatte sich die Zahl der Ausländerinnen, vornehmlich durch die Zuweisung von Ostarbei- terinnen, stark erhöht, so dass der Anteil der ausländischen Arbeiter sich innerhalb eines Jahres von 7,1 auf 13,6 Prozent, der der Ausländerinnen von 1,5 auf 4,6 Prozent erhöht hatte.15 Auf Druck von Gauleiter Kaufmann arbeiteten sowjetische Arbeitskräfte nun auch bei den größten Hamburger Rüstungsbetrieben, den Werften, die in ihrem gemeinsam als Modell organisierten ›Russenbetrieb‹ Leistungs- anreize durch Gratifikationen in Form von Ernährungszulagen und Frei- zeitangeboten erzielen wollten. Insgesamt jedoch konnten die allgemein auf niedrigstem Niveau angesiedelten Lebensbedingungen von Ostarbeiterin- nen und Ostarbeitern durch Essenszulagen nicht über Krankheit, Entbeh- rung und Ausbeutung hinwegtäuschen. Dies gilt umso mehr, als polnische und sowjetische Arbeitskräfte keine Lebensmittelmarken erhielten, mit denen sie in Geschäften einkaufen oder in Gastwirtschaften essen gehen konnten. Gerade sie, die im Alltag rigiden Beschränkungen unterlagen, keinen Urlaub erhielten, häufig Wochenendarbeit leisten mussten, generell lange Arbeitstage hatten, von profitorientierten Großküchen minderwertig ernährt und zudem medizinisch schlecht versorgt wurden, konnten von den ›Leistungsanreizen‹ nicht profitieren. Das Allgemeine Krankenhaus St. Georg konnte im November 1942 nach der Obduktion eines 39-jähri- gen russischen Zivilarbeiters nur noch mitteilen: »Tod durch Verhungern.« Die Nahrung der Ostarbeiterinnen und Ostarbeiter war in erster Linie da- rauf ausgelegt, ein Sättigungsgefühl zu erzeugen. Minderwertiges Fleisch, mit Rübenschnitzeln versetztes Brot und Roggengrütze, wenig Fett und Milchprodukte sowie ständig abnehmende Kartoffel- und Gemüserationen belegen die Einseitigkeit ihrer Ernährung. Diese Ernährungsdefizite sowie unzureichende Bekleidung, ständige Angst vor Strafen und Bombardierun- gen, Heimweh und schwere Arbeit an langen Arbeitstagen ließen viele der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter krank werden. Die prekären Le- bensumstände spiegeln auch die ursächlich durch Mangel hervorgerufenen Krankheiten wider, die Grund für eine Einlieferung in ein Krankenhaus darstellten. War eine Einlieferung nicht zu umgehen, wurden die osteuro- päischen Zwangsarbeitskräfte in die Hamburger Krankenhäuser AK Har- burg, AK St. Georg und vor allem in das sogenannte ›Ausländerkranken- haus‹ Langenhorn eingeliefert. Die Langenhorner Krankenlisten erfassen für die Zeit von September 1939 bis Anfang 1946 insgesamt 8340 polnische und sowjetische Patientinnen und Patienten. Während der Kriegsjahre star- ben 426 von ihnen. Angina, Bronchitis, Pneumonie sowie infektiöse Haut­ erkrankungen, Magen- und Darmerkrankungen und Unfälle, aber auch 15 Littmann: Zwangsarbeiter (Anm. 1), S. 360.

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