60 EhemaligeZwangsarbeitendeinderSowjetunion: »Vaterlandsverräter« Einem im Februar 1945 auf der Konferenz von Jalta von den alliierten Mächten unterzeichneten Abkommen folgend wurden alle sowjetischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger den sowjetischen Behörden überge- ben. Der sowjetische Geheimdienst verhörte die Rückkehrenden mit dem Ziel, vermeintliche Kollaborateure herauszufiltern. Für die ehemaligen »Ostarbeiterinnen« und »Ostarbeiter« war es eine herbe Enttäuschung, im eigenen Land mit Misstrauen aufgenommen zu werden. Von der stali- nistischen Bürokratie und der sowjetischen Gesellschaft wurden sie noch jahrzehntelang als »Vaterlandsverräter« angesehen. Unzählige wurden in sowjetische Arbeitslager eingewiesen. Bei Wohnortsuche, Berufsausbildung und -ausübung begegneten sie noch mehr Ein- schränkungen als Sowjetbürger im Allgemeinen. Selbst in ihren Familien redeten viele der ehema- ligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nicht über ihr Schicksal. Das änderte sich erst mit der Politik von Glasnost und Perestroika un- ter Generalsekretär Gorbatschow in den 1980er- Jahren und mit der Auflösung der Sowjetunion. Die späte Anerkennung der Zwangsarbeitenden als Opfer des NS-Regimes in Deutschland ver- bunden mit den Entschädigungszahlungen hatte ebenfalls positive Auswirkungen. Kennzeichen für Zwangsarbeitskräfte aus der Sowjetunion. Archiv KZ-Gedenkstätte Neuengamme, F. 21 »Wir sind nicht schuldig«. Titel eines Zeitungsartikels, in dem über das Schick- sal von zwei ehemaligen Zwangsarbeiterinnen in der Sowjetunion der Nach- kriegszeit berichtet wird. Ohne Datum. Archiv KZ-Gedenkstätte Neuengamme, HH 3.5.7.1.1