12 lichen Bewusstsein verdrängt, die Gebäude zum Teil als Gefängnis genutzt, und viele der heute längst erwachsenen Hamburgerinnen und Hamburger haben in ihrer Schulzeit von einem KZ Neuengamme vielleicht am Rande, mitnichten aber als einem zentralen Ort Hamburger Zeitgeschichte, gehört. Die Ausstellung »›Ich hätte nicht geglaubt, noch einmal hierher zu kom- men.‹ Schicksale ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und das Hamburger Besuchsprogramm 2001 – 2013« richtet den Blick auf die schrecklichen Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges, auf Verdrän- gen, Vergessen und Aufarbeitung nach 1945. Sie erinnert an das Besuchs- programm des Hamburger Senats für die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter von 2001 bis 2013 und umfasst dabei insbesondere die Sicht der Betroffenen und ihrer Nachkommen. Diese drei Schwerpunkte der Ausstellung, dieser Begleitpublikation und des von Frauke Steinhäuser im Auftrage des Landesinstituts für Lehrerbil- dung und Schulentwicklung und der Landeszentrale für politische Bildung verfassten didaktischen Materials 1 – wie auch das oben beschriebene Beispiel – zeigen, dass es heute nicht mehr um die Frage »Warum sollten wir uns da- mit beschäftigen?« geht. Die Dimension der durch das nationalsozialistische Deutschland verübten Verbrechen, die Notwendigkeit der Erinnerung und Aufarbeitung und die Verantwortung aller Deutschen wie auch das Interesse der nachfolgenden Generationen haben diese in den Jahrzehnten nach 1945 immer wieder diskutierte Frage eindeutig beantwortet. Die für uns heute re- levante Frage ist: Wie sollen wir uns damit beschäftigen? Hier eröffnen sich viele Möglichkeiten, aber auch wirkliche fachüber- greifende Herausforderungen: Sollen wir auch Erinnerungsorte wie die oben beschriebenen Zwangsarbeitsbaracken erhalten? Wie weit sollen und dürfen wir rekonstruieren und damit die Authentizität reduzieren? Wie er- reichen wir die Jugendlichen mit ihren Fragen? Wie kann das Gedenken und die Erinnerung auch für die neu hinzugewanderten Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt verständlich und akzeptabel gemacht werden? Wie kann für sie, und hier vor allem auch für die Kinder und Jugendlichen in Schule und Ausbildung, die Mitwirkung an dieser Gedenkkultur zu einem Bestandteil ihrer Integration werden, indem sie aus ihren Erfahrungshin- tergründen und Wertvorstellungen partizipieren und ihre Sichtweisen auf die historischen Ereignisse einbringen können – und wollen? Wie kann also eine Gesellschaft – mit einem hohen Migrationsanteil – ihren Prozess einer wirksamen und wertschätzenden Integration um das Gedenken an diese zentralen Identitätsstrukturen von Gesellschaft und Staat erweitern? Jahrzehntelang ging es in der Bundesrepublik unmittelbar um die Folgen des Nationalsozialismus in der Gesellschaft: z. B. um Tatbewältigung durch 1 Die Handreichung für den Schulunterricht und die außerschulische Bildungsarbeit ist im In- formationsladen der Landeszentrale für politischen Bildung zu erhalten; eine PDF-Datei kann unter http://li.hamburg.de/geschichte/ heruntergeladen werden.