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Katalog Ausstellung Zwangsarbeiter

28 Tuberkulose und Fleckfieber belegen eindeutig die katastrophalen Lebens- bedingungen polnischer und sowjetischer Männer und Frauen.16 Unterdrückung, Kontrolle und Strafe Je länger der Krieg dauerte, umso mehr fürchtete das NS-Regime, dass die Millionen Zwangsarbeitenden im Deutschen Reich zu einer ernsthaften Be- drohung für die Sicherheit der Deutschen und der kriegswirtschaftlichen Produktion würden. Einer solchen Entwicklung sollte mit radikaler Straf- verfolgung gegengesteuert werden, die einzig eine abschreckende Wirkung zum Ziel hatte. Der im Sommer 1942 neu berufene Justizminister Otto Georg Thierack vereinbarte mit Himmler »die Auslieferung asozialer Ele- mente aus dem Strafvollzug an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit«, eine Maßnahme, die generell alle zu Gefängnisstrafen verurteilte Juden, »Zigeuner«, Russen und Ukrainer sowie zu längeren Strafen verur- teilte Polen, Tschechen und Deutsche betreffen sollte. Himmler betonte, die Straftat eines »Fremdvölkischen« sei ausschließlich unter dem Gesichts- punkt der polizeilichen Abwehr zu sehen. Ausländische Frauen und Män- ner, viele von ihnen noch unter 20 Jahren, hatten für die häufigsten Delikte wie kleinere Diebstähle, Schiebereien und Fernbleiben von der Arbeit mit Strafen wie Tabakwaren- und Essensentzug, stundenlangem Arrest oder auch mit der Einweisung in ein Arbeitserziehungslager zu rechnen. Auf gar keinen Fall sollten Disziplinwidrigkeiten die Autorität des NS-Staates in Frage stellen. Die Hamburger Gestapo hatte ihre Ausländerabteilung 1942 zwar von zehn auf 50 Mitarbeiter erweitert, aber angesichts hunderter Lager und zigtausender Zwangsarbeitender war sie in ihrer Überwachungsfunk- tion mehr als überfordert.17 Da aber die Betriebe ein unbedingtes Interesse an einem reibungslosem Arbeitsablauf hatten und davon ausgingen, in ih- ren Augen unproduktive Arbeitskräfte schnellstmöglich austauschen zu können, arbeiteten sie reibungslos mit der Gestapo zusammen. Hamburgs größtes Rüstungsunternehmen, die Werft Blohm & Voss, befand: »Unser Verfahren klappt einwandfrei. Verwarnung – sich steigernde Bu- ßen – scharfe Verwarnung durch die Staatspolizei – Schutzhaft – Arbeitsla- ger – Strafanzeige über den Reichstreuhänder der Arbeit. Daneben werden Lebensmittelkarten bei uns schon immer entzogen […].« 18 Als große Teile Hamburgs in der letzten Juliwoche 1943 von alliierten Bombern in Schutt und Asche gelegt wurden, war die Lage für die schutzlos den Bomben ausgelieferten Ausländerinnen und Ausländer vollkommen ausweglos. Tausende flohen, Tausende irrten orientierungslos und trau- matisiert durch die Stadt. Wo man ihrer habhaft werden konnte, mussten 16 Vgl. Kapitel »Das ›Ausländer-Krankenhaus‹ Langenhorn« in: Littmann, Zwangsarbeiter (Anm. 1), S.448–450. 17 Ebd., S. 505–506 und S. 542–553. 18 Staatsarchiv Hamburg, B & V 326.

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