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Forum 2: Teilzeitarbeit: Chance und Falle!

Ob und wie Teilzeit dazu beitragen kann, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, diskutierten mehr als 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in diesem Fachforum. Neben einer Bestandsaufnahme ging es darum, Probleme zu benennen und Lösungen aufzuzeigen.

 

Schon in ihrem einleitenden Keynote-Vortrag machte Dr. Christina Boll, Senior Economist vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) deutlich, wie ambivalent Teilzeit ist. Einerseits sei sie durchaus ein wichtiges Scharnier für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Andererseits werde Teilzeitarbeit aber auch häufig zur Falle. Und zwar vor allem für Frauen. Denn Teilzeitarbeit ist nach wie vor eindeutig eine Frauendomäne. Sie dominiert unter Müttern, teilzeitarbeitende Väter sind lediglich eine Randerscheinung. Und selbst dann, wenn die Reduzierung der Arbeitszeit in der Regel auf die Erziehungszeiten beschränkt bleibt und mit dem Alter der Kinder zurückgeht, so hat sie doch erhebliche Konsequenzen für die Frauen, denn sie verlieren praktisch den Anschluss: Frauen in Teilzeit kommen nur selten in den Genuss von Weiterbildungen, Beförderungen bleiben eine Ausnahme. Und, was vielleicht die wichtigste Konsequenz ist: Schon bis zum 46. Lebensjahr macht der Bruttolohnverlust bei dreijähriger Auszeit und drei Jahren Teilzeitarbeit für eine Durchschnittsverdienerin knapp 200.000 Euro aus!

Die  Wissenschaftlerin konnte aber auch Wege aufzeigen, wie diese Probleme gelöst werden können. Gefragt seien zum einen die Unternehmen: Mehr vollzeitnahe Teilzeit sei nötig, um den Frauen bessere Chancen zu eröffnen, sie sozial abzusichern, ihnen bessere Karriereperspektiven zu eröffnen und mehr Führungsverantwortung zu übertragen. Um qualifizierte Fachkräfte im Unternehmen zu halten, seien Lösungen für Mütter und Väter nötig. Gefragt sei aber auch der Staat mit mehr Ganztagsangeboten für Schulkinder, und zwar auch in den Ferien. Und nicht zuletzt müssten die Frauen ihren Partnern mehr abverlangen: Frauen - und nicht nur Mütter - bräuchten „familienaktive Partner“, betonte Dr. Christina Boll.

In der anschließenden Diskussion unter Leitung von Kathrin Erdmann, Redakteurin beim NDR-Hörfunk, gingen Dr. Susanne Dreas vom ESF-Projekt „Worklife“, Margit Heitmann von der BASFI, Jochen Metzger von der Redaktion „Für Sie“ aus dem Jahreszeitenverlag und Simone Wedler vom Reformhaus Engelhardt der Frage nach, warum das so ist und was sich künftig ändern müsse.

Dass Frauen im Beruf immer noch das Nachsehen haben und Teilzeitarbeit sich noch nicht als Karrieresprungbrett etablieren konnte, liege am traditionellen Rollenverhalten. Denn Frauen seien immer noch deutlich mehr mit Hausarbeit und Kindererziehung beschäftigt als Männer und kümmerten sich mehr um soziale Beziehungen. Zudem seien sie oft weniger ehrgeizig und nicht mutig genug. Die Arbeitsweise in den Unternehmen werde zudem sehr stark von der sogenannten „Anwesenheitskultur“ geprägt. Leistungsträger sind diejenigen, die 40 bis 50 Stunden arbeiten. In dieses Bild passen Frauen mit Kindern selten hinein. Obwohl sie, wie Unternehmer aus dem Publikum bestätigten, bei entsprechenden Bedingungen auch in Teilzeit zuverlässige Leistungsträger seien.

Einig war sich die Runde, dass die Rahmenbedingungen mit einer guten Betreuungsinfrastruktur vor und während der Schulzeit stimmen müssten. In Hamburg, so Margit Heitmann, gebe es etwa 40.000 gut qualifizierte Mütter, teilweise auch Väter, mit mittleren bis hohen Bildungsabschlüssen, die nicht erwerbstätig seien. Es sei eine wichtige Aufgabe, dieses Fachkräftepotenzial für den Arbeitsmarkt zu erschließen. Dazu, so die einhellige Meinung, müssten aber auch die Frauen ihre Teilhabe- und Aufstiegschancen selbstbewusster einfordern.

Keynote Speaker: Dr. Christina Boll, Senior Economist, Hamburgisches Welt Wirtschaftsinstitut (HWWI)

Moderation: Kathrin Erdmann, Autorin und Redakteurin, NDR Hörfunk

Talkgäste: Dr. Christina Boll, Senior Economist, Hamburgisches WeltWirtschaftsinstitut (HWWI)Dr. Susanne Dreas, Leiterin des ESF-Projektes „Worklife", KWB e.V.Margit Heitmann, Fachreferentin, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Jochen Metzger, Textchef „Für Sie", Jahreszeitenverlag, Simone Wedler, Personalleiterin, Reformhaus Engelhardt GmbH & Co. KG