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Forum 4: Potentiale Älterer in der Arbeitswelt nutzen!

Die Erwerbstätigenquote Älterer steigt zwar an, aber die moderate Zunahme ist angesichts des Fachkräftebedarfs längst nicht ausreichend. Was können Wirtschaft, Sozialpartner, Politik aber auch der Einzelne tun, um die Quote deutlich zu erhöhen? Zwei wichtige Ergebnisse des Forums: Auf die Qualifizierung kommt es an. Und auf den Spaß am Lernen und Arbeiten.

 

Moderatorin Claudia Hillebrand, Fachreferentin in der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, machte bei der Begrüßung der rund 70 Teilnehmer des Forums an Zahlen deutlich, dass es bereits positive Trends gibt. So sei die Erwerbstätigenquote älterer Frauen und Männer deutlich gestiegen. „Im Jahr 2000 lag sie bei den 50- bis unter 65-Jährigen noch bei 48,5 Prozent. Heute sind es bereits 66,1 Prozent“, sagte Hillebrand. Die Moderatorin wollte von ihren Talk-Gästen wissen, wie die Potentiale Älterer in der Arbeitswelt noch besser genutzt werden könnten, was bei der Personalpolitik in den Unternehmen geändert und verbessert werden müsse, welche Möglichkeiten es zur Qualifizierung gebe, was die Politik in der Praxis tun könne, um die Potentiale Älterer besser auszuschöpfen und welche Erfahrungen Ältere in der Praxis bereits gemacht hätten.

Keynote-Speaker Dr. Alexander Spermann, Vorstand beim bundesweit tätigen Unternehmensnetzwerk ddn - Das Demographie Netzwerk e.V. und Director Talentmanagement Flexworker & Public Affairs bei Randstad Deutschland gab erste Antworten. Seine zentralen Aussagen:

Erstens: „Der heutige regionale und branchenspezifische Fachkräftemangel ist lediglich der Vorbote der demografischen Herausforderung. Dieser Vorbote ist mit Angst besetzt: Fachkräftemangel wird oft mit Wohlstandsverlust gleichgesetzt. Aber diese Sichtweise lähmt. Zurzeit sind Lösungen noch möglich, doch die Weichen sind schnell richtig zu stellen, denn zwischen 2020 und 2040 wird die demografische Herausforderung dramatisch.“

Zweitens: „Die Potentiale der Älteren werden seit Jahren unterschätzt. Gängige Klischees sind durch neuere Forschungsergebnisse widerlegt. Tatsächlich sind Ältere im Durchschnitt gesünder, leistungsbereiter, zuverlässiger und aufgeschlossener für Innovationen als lange Zeit gedacht.“

Drittens: „Im Kern führt die demografische Herausforderung zu einem Produktivitätsproblem, weil zukünftig 100 Erwerbstätige bis zu 62 Ältere finanzieren müssen - heute sind es nur 34. Deshalb geht es nicht nur darum länger zu arbeiten, sondern insbesondere produktiver zu arbeiten. Wenn wir das schaffen, dann wird der Wohlstand in Deutschland trotz der demografischen Herausforderung zunehmen.“

Dass Ältere durchaus gute Chancen haben, wenn sie sich beruflich weiter entwickeln oder neu orientieren wollen, zeigt das Beispiel des Diskussionsteilnehmers Christoph Grau. Der 49-Jährige absolviert derzeit berufsbegleitend und auf zwei Jahre verkürzt eine Ausbildung zum examinierten Altenpfleger, die im Rahmen des ESF-Projektes „2. Hamburger Qualifizierungsoffensive in der Altenpflege“ gefördert wird. „Ich musste und wollte mich beruflich neu orientieren. Dank der Förderung durch das ESF-Projekt kann ich mir jetzt meinen Berufswunsch erfüllen, “ berichtete Grau. Das war eine gute Überleitung zu Nils Grudzinski, Leiter des ESF-Projektes „Weiterbildungsbonus“. Der Experte in Sachen Personalentwicklung empfiehlt allen Frauen und Männern – egal ob jung oder alt – eine „individuelle Weiterbildung und dass sich jeder Berufstätige laufend weiterbilden sollte, um auch zukünftig mithalten zu können“. Darüber hinaus lobte Grudzinski die Hamburger Förderlandschaft, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt: „Ohne die zahlreichen Angebote könnten Betriebe mit wenig Beschäftigten weder Personalentwicklung betreiben noch umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen realisieren.“

Bei großen, international tätigen Unternehmen sieht das anders aus, sie haben die Ressourcen selbst ihr Personal zu entwickeln und maßgeschneiderte Angebote zu schaffen. Matthias Schmoll aus der Personalabteilung bei der Lübecker Drägerwerk AG & Co. KGaA berichtete über den Kompassworkshop seines Unternehmens. Dabei werden die Stärken der erfahrenen Mitarbeiter identifiziert und es wird ausgelotet, in welchen  Feldern diese Fähigkeiten eingesetzt werden können. Ausschlaggebend für den Erfolg Älterer in der Arbeitswelt seien schließlich die Schlüsselqualifikationen; außerdem plädierte er für noch mehr Lernen in der Praxis, im Job.

Dass auch die Politik den Eingliederungsprozess Älterer ins Arbeitsleben unterstützen kann und gezielte Weiterbildungsmaßnahmen Berufstätiger fördert, erläuterte Martin Weber, Referatsleiter in der BASFI. Er lobte das ESF-Projekt „Weiterbildungsbonus“, das bereits mehr als 3.500 Hamburgerinnen und Hamburger eine Qualifizierung ermöglicht  hat.

Die interessante Diskussionsrunde mit guten Ansätzen aus Theorie und Praxis hätte nach Auffassung aller Teilnehmer und Gäste noch länger dauern können. Abschließend stimmten nahezu alle überein, dass gerade bei Älteren die Stärken noch weiter verstärkt werden und sich die Rahmenbedingungen für Lernen und Weiterbildung verändern müssen. In diesem Zusammenhang fand der Ansatz einer „Corporate University“ – das Unternehmen als Universität, in der jeder lehrt und lernt –große Zustimmung. Insgesamt könne man beim Thema „Potentiale Älterer in der Arbeitswelt nutzen“ optimistisch in die Zukunft blicken, meinte abschließend Claudia Hillebrand. Und stellvertretend für die BASFI versicherte sie, dass ihre Behörde bei diesem Thema am Ball bleibe.

Keynote-Speaker: Dr. Alexander Spermann, Vorstand, ddn – Das Demographie Netzwerk

Moderation: Claudia Hillebrand, Fachreferentin, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration

Talkgäste: Christoph Grau, Auszubildender zum examinierten AltenpflegerNils Grudzinski, Leiter des ESF-Projektes „Weiterbildungsbonus", zwei P PLAN:PERSONAL GmbH          Matthias Schmoll, HR Manager , Drägerwerk AG & Co. KGaADr. Alexander Spermann, Vorstand, ddn – Das Demographie Netzwerk, Martin Weber, Referatsleitung Europäischer Sozialfonds ESF, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration

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