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Unterrichtsentwicklung

Interview mit Prof. Dr. Josef Keuffer

Hamburg macht Schule 1|2011 41 Rolle gespielt – auch im Rahmen der Lehrerfortbildung. Sehen Sie das eben- falls als wichtig an? Prof. Josef Keuffer: Ja, Individualisie- rung ist das große Stichwort für das, was derzeit die Schulen umtreibt. Nun gibt es aber eine Schwierigkeit. Die Lehrkräfte haben die Individualisierung voranzutreiben und sollen sich gleich- zeitig an Standards orientieren. Diesen gegenläufigen Anforderungen nachzu- kommen kann für die Person, die un- terrichtet, phasenweise schwierig sein. In den nächsten Jahren wird dies ein Schwerpunktthema sein: »Wie lässt sich die Orientierung an Standards im Schul- bereich verbinden mit individueller För- derung?« Doch es gibt gute Beispiele, die auch im Rahmen des Deutschen Schulpreises besonders geehrt wurden, das Oberstufenkolleg in Bielefeld ist so ein Beispiel, weil es versucht, beide Ge- sichtspunkte zu berücksichtigen. HmS: Sie waren mehrere Jahre wis- senschaftlicher Leiter des Bielefelder Oberstufenkollegs. Was bringen Sie an Erfahrungen mit nach Hamburg, von denen wir profitieren können. Prof. Josef Keuffer: Das Bielefelder Oberstufenkolleg ist in den letzten Jah- ren weiterentwickelt worden zu einer Reform-Oberstufe. Diese Reform-Ober- stufe zeichnet sich dadurch aus, dass die Orientierung sehr stark darauf ge- richtet ist, das selbständige Lernen der Schülerinnen und Schüler zu fördern und Wahlmöglichkeiten zuzulassen. Es hat sich aber gezeigt – Gutachten haben das bestätigt und belegt –, dass die angemes- sene Umsetzung individueller Förderung Probleme aufwirft. Die Schule hat zwar sehr engagierte Entwicklung betrieben, aber keineswegs überall. Es sind nach wie vor noch einzelne Stellen, Inseln, wo individuelle Förderung stattfindet. Das ist kein Vorwurf an die Schule, sondern es zeigt, wie schwierig es ist, individuelles Lernen im gesamten Unterrichtsgesche- hen umzusetzen. Und wenn es schon für eineVersuchsschule,dieauchRessourcen und besondere Rahmenbedingungen hat, schwierig ist, kann man sich leicht vor- stellen, dass es für eine Regelschule er- heblich schwieriger ist. D.h. wir brauchen einen langen Atem bei diesem Thema. HmS:WelcheUnterstützungfürIhreArbeit wünschen Sie sich von der Behörde, von denHamburgerLehrkräftenundvonIhren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am LI? Prof. Josef Keuffer: Ich möchte mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am LI beginnen, weil mir dieses am wich- tigsten ist. Ich wünsche mir eine Fortset- zung der guten Kooperation, des guten Klimas. Ohne Kooperation gelingt nichts. Zum Zweiten wünsche ich mir, dass die Schulen uns authentische Rückmel- dungen geben, wie das Unterstützungs- system wirkt, dass uns Rückmeldungen gegeben werden, aus denen wir lernen können. Das ist natürlich schwierig. Ham- burg hat 440 Schulen, und das LI hat mit seinen 320 Stellen und 700 Mitarbeitern zwar große Möglichkeiten in die Schulen hinein zu wirken, aber wir können nicht jede einzelne Rückmeldung so aufneh- men, dass man daraus gleich Verände- rungen für das Gesamtsystem ableitet. Von der Behörde wünschen wir faire Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Wir bieten etwas an für die Hamburger Schulen und möchten deshalb auch eine mittelfristige Planung haben für die Ressourcen, die wir bekommen. Wir wünschen uns Un- terstützung durch die Behörde und Ver- lässlichkeit in der Planung. Andreas Kuschnereit, BSB/SIZ andreas.kuschnereit@bsb.hamburg.de Zur Person Prof. Dr. phil. Josef Keuffer, geb. 1958, studierte Geschichte, Deutsch und Erziehungswissenschaft. 1989 Erstes Staatsexamen in den Fächern Deutsch und Geschichte für die Sekundarstufe II/I, Studienreferendariat und 1992 Zweites Staatsexamen. 1991 Promotion in Erziehungswissenschaft. 1993/94 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Erziehungswissen- schaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und 1994–1999 Wis- senschaftlicher Mitarbeiter und Geschäftsführender Leiter des Zentrums für Schulforschung und Fragen der Lehrerbildung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 1999–2002 Referent für Lehrerbildung in der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung der Freien und Hansestadt Hamburg und 2002/03 Leiter der Geschäftsstelle Reform der Lehrerbildung am Landesinstitut für Lehrer- bildung und Schulentwicklung. Habilitation am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Ham- burg und Erteilung der Lehrbefugnis für das Lehrgebiet Schulpädagogik (2003). Von 2004 bis 2011 Professor für Schulpädagogik an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld und Wissenschaftlicher Leiter des Oberstufen-Kollegs des Landes Nordrhein-Westfalen an der Uni- versität Bielefeld. Seit März 2011 Direktor des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schul- entwicklung.