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Unterrichtsentwicklung

Interview mit Schulsenator Ties Rabe

Hamburg macht Schule 1|2011 34 BSB-Info Johannes Bastian (HmS): Sehr geehrter Herr Senator. Zunächst auch aus der Re- daktion von HAMBURG MACHT SCHULE herzlichen Glückwunsch und gute Wün- sche für die neue Aufgabe. Beginnen wir das Gespräch mit einer kurzen Skizze. Wenn Sie Ihr bildungspo- litisches Programm für die kommenden vier Jahre in drei Punkte fassen – welche wären das? Ties Rabe: 1. Nach den wilden Jahren in der Schulpolitik kommt es jetzt da- rauf an, zu versöhnen und die Hektik aus Schule und Schulpolitik zu nehmen. Der Schulfrieden bietet dafür die richtige Grundlage. Wir haben mit Grundschu- le, Stadtteilschule und Gymnasium eine neue, leistungsfähige und sehr moderne Schulstruktur. Die muss jetzt mit Leben gefüllt werden. Das bedeutet miteinan- der reden, planen und handeln statt mis- sionieren und agitieren. 2. Wir müssen die organisatorischen Grundlagen für die neue Schulstruktur schaffen. Nach dem Volksentscheid hat es nur Notreparaturen gegeben. Für unsere neue Schulstruktur fehlen noch immer Schulentwicklungspläne, Lehr- pläne, Stundentafeln, Notensysteme. Trotz des Zeitdrucks gilt hier: Sorgfalt vor Hektik. 3. Schulfriede bedeutet nicht Friedhofs- ruhe. Noch immer scheitern rund 25% der Hamburger Schüler in der Schule. Auch unsere Leistungsspitze kann inter- national kaum mithalten. Fünf Aufgaben liegen auf dem Tisch: Wir brauchen ein Qualitätsmanagement für besseren Un- terricht und bessere Schulen, wir müssen die Integration von Schülern mit sonder- pädagogischem Förderbedarf voranbrin- gen, wir wollen mehr Ganztagsschulen schaffen, wir müssen die Stadtteilschulen in ihrer Entwicklung unterstützen und wir müssen dafür sorgen, dass jeder Ju- gendliche nach der Schule eine berufliche Ausbildung macht. HmS: Es gibt derzeit eine besondere Baustelle in der Bildungslandschaft: die Stadtteilschule. Was wollen Sie konkret tun, um diese Schulform zu einem Erfolgsmodell für eine Schule vom 5. bis zum 13. Jahrgang zu machen? Ties Rabe: Die Stadtteilschule bietet al- len Schülern große Chancen. Und viele Stadtteilschulen funktionieren schon jetzt hervorragend. Dennoch gibt es Handlungsbedarf. Wir brauchen eine Lösung für das Thema »Integration/ Inklusion«, das besonders die Stadt- teilschulen bedrückt. Wir wollen alle 54 Stadtteilschulen zu Ganztagsschulen entwickeln, weil darin eine große Chan- ce für alle Schüler liegt. Wir werden die Berufsorientierung in den Klassen 8 bis 10 mit neuen Angeboten stärken. Ich sehe auch in der Vernetzung im Stadt- teil eine wichtige Perspektive. Und na- türlich geht es darum, durch die innere Entwicklung von Unterricht, Schulkultur und Leitbild allen Stadtteilschulen eine Identität zu geben. HmS: Auch am Gymnasium gibt es – vor allem durch das Abschulungsver- bot nach Klasse 6 – Reformbedarf. Was können die Gymnasien von Ihrer Politik erwarten? Ties Rabe: Gelassenheit – und Unterstüt- zung, wo es nötig ist. Nach G8 und Pro- filoberstufe darf man einer Schulform auch einmal eine Phase der Konzentra- tion gönnen. Handlungsbedarf besteht beim Abschulungsverbot. Wir werden dabei helfen, ein schulisches Förder- und Nachhilfesystem aufzubauen. Und wir werden gemeinsam mit allen Schulen ein Qualitätsmanagement für besseren Unterricht entwickeln. HmS: Ihr besonderes Augenmerk gilt dem Ausbau der Ganztagsschulen. Was wollen Sie in diesem Bereich in den nächsten vier Jahren erreichen? Ties Rabe: 23 unserer 54 Stadtteil- schulen sind noch keine Ganztagsschu- len – diesen Schulen möchten wir ein entsprechendes Angebot machen. Bei den Grundschulen werden 21 neue Ganztagsgrundschulen wie geplant im Sommer 2011 starten. Wenn die Ergeb- nisse überzeugen, dann halte ich eine zweite Tranche noch in dieser Legislatur für sinnvoll. Alle neuen Ganztagsange- bote sollen in offener Form starten. Ich halte nichts von Zwangsbeglückung, auch wenn gebundene Ganztagsschulen wirkungsvoller und besser sind. Doch Zwang ist nicht nötig, denn der Trend ist klar: In wenigen Jahren werden fast alle Schulkinder die Ganztagsangebote umfassend wahrnehmen. HmS: Seit der Verabschiedung der UN Behindertenrechtskonvention 2008 ist immer häufiger von Inklusion die Rede. Was planen Sie zur Umsetzung des Rechts auf ein gemeinsames Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern? Ties Rabe: Wir müssen zügig die vier ver- schiedenen Förderwege in Hamburg zu einem neuen System weiterentwickeln. Wir werden uns dabei an den Modellen der Integrationsklassen und Integra- tiven Regelklassen orientieren. Ziel ist, dass die Sonderschulpädagogen Kollegi- umsmitglieder in den allgemeinen Schu- len werden. Für die meisten Schüler mit Förderbedarf halten wir eine pauschale Ressource für jede Schule für den bes- seren Weg, ergänzt um eine individuelle Ressource für Schüler mit besonderen Behinderungen. Leider kann ein neues Modell erst zum Schuljahr 2012 einge- führt werden, das Schuljahr 2011/2012 muss wie das vorangegangene Schuljahr noch einmal unter den alten schwierigen Interview mit Schulsenator Ties Rabe Die neue Schulstruktur mit Leben füllen