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Unterrichtsentwicklung

Ziele, Hindernisse und Gelingensbedingungen

Hamburg macht Schule 1|2011 14 Thema Einleitung Thema strukturelle Veränderungen wie die Ein- führung fächerübergreifender Profile und Lernbereiche sowie die Gestaltung ganztägigen Lernens – das braucht keine Einzelkämpfer, sondern Teamspieler. Die Erfahrungsberichte in diesem Heft zeigen, dass Teamarbeit eine Vorausset- zung ist für die Verbesserung des Unter- richts und eine abgestimmte Betreuung der Lernenden. Sie zeigen außerdem die Vorteile der Entwicklung eines gemein- samen pädagogischen Verständnisses und der bessere Nutzung von Ressour- cen. Darüber hinaus bietet sie den ein- zelnen Lehrerinnen und Lehrern die Gelegenheit zum systematischen Aus- tausch, die Möglichkeit, Schwierigkeiten gemeinsam angehen zu können, sowie eine Entlastung vor allem bei der Vorbe- reitung von Unterricht. Warum aber hat Teamarbeit sich bisher noch nicht als Ar- beitsform im Schulalltag durchgesetzt? Hindernisse und Schwierigkeiten Unterricht ist etwas, das traditionell vom Lehrenden allein geplant und hinter ge- schlossener Tür durchgeführt wird. Sel- ten gibt es erwachsene Zeugen – außer in z.B. Bewertungssituationen im Refe- rendariat oder bei Beurteilungen. Dieses Bild von Unterricht und vom Lehrberuf ist immer noch in vielen Köpfen und stellt eine Schwierigkeit für Teamarbeit dar. Welche weiteren organisatorischen und strukturellen Schwierigkeiten, aber auch personale Dispositionen müssen darüber hinaus bei der Einführung von Teamarbeit an Schulen bedacht werden? organisatorische Hindernisse An vielen Schulen erschweren Strukturen die Kooperation von Kolleginnen und Kol- legen. Terhart/Klieme (2006, S.164) füh- ren als Beispiel dafür das »Fachlehrer-/ Klassenraum-/Stundenplan-System« an, das zu einem stark individualisierten Ar- beitsablauf führe. Jede Lehrende ist vor allem für den eigenen Unterricht verant- wortlich, und dies zum Teil in zwölf unter- schiedlichen Klassen in bis zu neun ver- schiedenen Jahrgängen. Der Arbeitsplatz ist vornehmlich der jeweilige Fach- oder Klassenraum oder das heimische Arbeits- zimmer, da es an vielen Schulen noch kei- ne Arbeitsplätze gibt. Verlässliche Zeiten, in denen Lehrende gemeinsam Unterricht planen und auswerten können, haben bei der Stundenplangestaltung meist keine hohe Priorität. Nicht selten steht aber auch die Tradi- tion der Praxis einer möglichen Teamar- beit im Weg: Fachkonferenzen und Koor- dinationssitzungen bieten beispielsweise die Struktur für eine kooperative Weiter- entwicklung des Unterrichts. Wenn diese aber überwiegend für organisatorische Fragen und die Weitergabe von Mate- rial genutzt werden, dann ist dies eine vertane Chance. Wie Fachkonferenzen für eine teamorientierte Unterrichtsent- wicklung genutzt werden können, zeigt der Beitrag der Grundschule Scheeßeler Kehre (vgl. S. 16f.). Die Ergebnisse der Hamburger Schul- inspektion unterstreichen, dass organi- satorische Bedingungen in der Wahr- nehmung der Lehrerinnen und Lehrer einer regelmäßigen Teamarbeit entge- genstehen. Dabei deuten die Ergebnisse allerdings darauf hin, dass sich die Ein- schätzungen der Lehrerinnen und Leh- rer sehr stark unterschieden und dass es starke Unterschiede zwischen den Schulformen gibt (vgl. Jahresbericht 2008, S. 24; 2009/2010, S. 49f.). personenbezogene Hindernisse Neben der organisatorischen Struktur, die ein »gezieltes Nebeneinanderherar- beiten«begünstigt,verweisenTerhartund Klieme (ebd. 2006) auch auf »personale Dispositionen«, die durch die Ausbildung in der ersten und zweiten Phase noch ver- stärkt werden. Der Beruf Lehrer könnte vor allem Menschen anziehen, die gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeiten wollen, dabei aber eine Autonomie bevor- zugen, in der sie sich nicht mit anderen Erwachsenen abstimmen müssen. Dies bestätigt die hohe Zustimmung zu der bekannten Aussage: »In den Unterricht redet mir niemand hinein«, der in einer Befragung 62% zustimmen (vgl. Kanders/ Rösner 2006 nach Bastian/Seydel 2010, S. 7). Ein hohes Interesse an persönlicher Unabhängigkeit und ein mangelndes In- teresse an Abstimmung als Teil des Be- rufsverständnisses ist eine schwierige Voraussetzung für Teamarbeit. Ein zweiter Grund liegt in dem be- ruflichen Selbstverständnis, das gelin- genden Unterricht hauptsächlich als Er- gebnis eigener pädagogischen Autorität und pädagogischer Beziehung versteht. Wenn sowohl Erfolg als auch Misserfolg von Unterricht in erster Linie in Abhän- gigkeit von der Lehrerpersönlichkeit wahrgenommen werden, dann gibt es eine Scheu, sich mit Kolleginnen und Kollegen über Schwächen und Probleme auszutauschen und beispielsweise ge- genseitige Hospitationen zuzulassen. Wie es trotz solcher Schwierigkeiten ge- lingen kann, das berichten Vanessa Bött- cher und David Alonso in ihrem Beitrag zur Erprobung kollegialer Unterrichts- reflexion (vgl. S. 24f.). Hinzu kommt die Befürchtung, dass Teamarbeit zusätzlich zur Arbeitszeit stattfinden muss und da- rüber hinaus mehr Zeit und Kraft kostet, als es an Entlastung bringt. Auch dazu sagen die meisten Erfahrungsberichte etwas, was diese einfache Annahme differenziert. Was trägt zum Gelingen bei? Die Erfahrungsberichte dieses Heftes zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen. Sie berichten davon, welche Bedingungen sie sich für eine gelingende Lehrerko- operation geschaffen haben, wie sie Teamarbeit eingeführt und was sie dabei gelernt haben und wie die Schulleitung diese Arbeit unterstützt hat. Die Vielfalt der Teams, die sich für die Weiterentwicklung von Unterricht und Schule als sinnvoll und entlastend erwie- sen haben, zeigt schon, dass der Team- gedanke nicht mehr so weit entfernt von der Schulkultur ist, wie manche vermu- ten könnten, wenn sie nur eine Schule im Blick haben: Es gibt Klassenteams, Jahrgangsteams, fachliche Teams und Fachkonferenzen, fachübergreifende Teams für Profile und Lernbereiche, Re- flexionsteams zu bestimmten Themen, aber auch multiprofessionelle Teams im Bereich der Inklusion oder für die Be- rufsorientierung über Schulformgren- zen hinweg. Otto Seydel nennt auf Grund lang- jähriger Erfahrung vier Gelingensbe- dingungen für Jahrgangsteams (vgl. Bastian/Seydel 2010, S. 7). Diese sol- len hier vorsichtig verallgemeinert und auf andere Teamvarianten übertragen