Erste Erfahrungen von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und Informationen zur Evaluation
Hamburg macht Schule 3|2011 15 Schulform Schulinterne Curricula Einleitung Bei den Recherchen für dieses Heft wur- de schnell klar, dass die meisten Schu- len noch relativ wenig Erfahrung mit der Erarbeitung schulinterner Curricu- la haben. Haben sie mit dieser Arbeit schon begonnen, dann betonen nahezu alle, dass sie noch ganz am Anfang ste- hen und eigentlich noch gar nichts Be- richtenswertes vorweisen können! Dazu kommt, dass der Begriff sehr facetten- reich verstanden wird. Mancher mag sich an alte Ideen der Curriculument- wicklung aus den 1970er Jahren erin- nern; oftmals verbindet man auch an- dere Begriffe damit, wie Fachcurricula, Stoffverteilungsplan, Kerncurriculum und Standards oder auch Kompetenz- beschreibungen. Nicht selten gibt es bereits ein schulinternes Methodencur- riculum, in dem jahrgangsübergreifend festgelegt wird, welche Methoden wann und in welchem Fachzusammenhang im Unterricht berücksichtigt werden sollen. Dieses Heft soll genau diesen Stand aufgreifen: Die Anfänge der Entwicklung und erste Erfahrungen damit. Eine wichtige Ausnahme in diesem Entwicklungsfeld bilden allerdings die Berufsbildenden Schulen. Sie haben schon sehr weitreichende Erfahrungen mit schulinternen Curricula – dazu spä- ter mehr. Dringt man ein wenig tiefer ein in die Hamburger Schullandschaft, so erfährt man, dass das Thema im letzten Schul- jahr auch bei den allgemeinbildenden Schulen angekommen ist. Dies hat ver- schiedene Gründe: 1. Das schulinterne Curriculum ist Teil der Begutachtung durch die Schul- inspektion und deshalb als Aufgabe präsent. 2. Auch die Schulaufsicht hat sich dieses Themas angenommen und trägt es an die Schulen heran. 3. Die neuen Bildungspläne haben ei- nen Paradigmenwechsel von einem themenorientierten Lehrplan hin zur Orientierung an Kompetenzen vor- genommen. Damit ist es Aufgabe der Schule, die Rahmenpläne zu konkre- tisieren und das schulinterne Curricu- lum soll dafür das entscheidende In- strument sein. Doch was genau ist ein schulinternes Curriculum? Ganz knapp formuliert geht es um ein Zusammenspiel von administrativen Vorgaben und schulischer Adaption: Schulen erarbeiten sich ein schulinter- nes und in diesem Sinne schulscharfes Curriculum auf Grundlage von allge- meinen Bildungs- und Rahmenplänen. So heißt es beispielsweise im Bildungs- plan der Grundschule und nahezu iden- tisch in dem der Stadtteilschule und des Gymnasiums: »Die Grundschule hat die Aufgabe, die Vorgaben dieses Bildungsplans in den Fächern und Auf- gabengebieten umzusetzen; sie sorgt durch ein schulinternes Curriculum auf der Grundlage der Kontingentstun- dentafel für eine Abstimmung des Un- terrichtsangebots auf den Ebenen der Jahrgangsstufen sowie der Fächer und Lernbereiche. In enger Zusammenar- beit der Lehrkräfte in Klassen-, Jahr- gangs- und Fachkonferenzen werden Grundsätze für die Unterrichts- und Erziehungsarbeit abgestimmt sowie Leistungsanforderungen, die Überprü- fung und die Bewertung der Leistungen und Fördermaßnahmen verabredet und geplant« (BSB 2011, S. 5). Fokussiert hält Bastian als Arbeits- definition fest: »Schulinterne Curricula beinhalten Lehrpläne, Jahrespläne so- wie sequenzierte Entwürfe von Lernsitu- ationen, die im Prozess innerschulischer Übersetzungen von abstrakteren und übergreifenden Rahmencurricula ent- standen sind« (Bastian 2008, S. 9). Sowohl in dieser Arbeitsdefinition als auch in der Passage des Bildungsplans stecken zwei Aspekte, die noch genauer zu beleuchten sind: 1. Die Entwicklung von schulinternen Curricula ist eine gemeinsame Auf- gabe von Lehrerinnen und Lehrern einer Schule. Ich komme später da- rauf zurück. 2. Schulinterne Curricula sind mehr als »herunter gebrochene« Stoffvertei- lungspläne! Aus dem Kontext der berufsbildenden Schule, die bereits über die Arbeit mit so- genannten Lernfeldern weiterreichende Erfahrungen mit schulinterner Curricu- lumarbeit haben, können vier Aufgaben und Inhaltsbereiche des Curriculums festgehalten werden: 1. Eine Präzisierung des Curriculums, d.h. eine Planung der Ziele, Fachbe- züge und deren Prozesse; 2. eine Maßnahmenplanung, d. h. die Entwicklung von Lernsituationen und methodischen Ansätzen; 3. eine Ressourcenplanung, die eine Raum-, Zeit- und Materialplanung umfasst sowie den Lehrkräfteeinsatz; 4. eine Evaluation und Revision von Cur- ricula, Maßnahmen und Ressourcen (vgl. Sloane 2003, S. 8). Insbesondere für die ersten beiden Auf- gaben bei der Gestaltung von schulin- ternen Curricula ist bedeutsam, dass sie auf der Grundlage von kompetenz- orientierten Bildungsplänen erarbeitet werden. Die neuen Hamburger Bil- dungspläne sind so ausgelegt, dass sie nicht mehr eine Auswahl von Inhalten und Themen vorgeben, sondern darstel- len, was Schülerinnen und Schüler am Ende eines Bildungsgangs können und wissen sollen. In dieser Form orientie- ren sie sich am Beschluss der KMK, die bereits 2002 mit der Einführung natio- naler Bildungsstandards in Kernfächern für bestimmte Jahrgangsstufen und Ab- schlussklassen eine Wende in der Bil- dungssteuerung vollzogen hat, die als Output-Orientierung bezeichnet wird. Die Überprüfung von Lernergebnissen auf der Basis von Standards, die auf die Sicherung von fachlichen Kerninhalten und Kompetenzerwerb zielen, hat maß- gebliche Bedeutung (vgl. Kleinschmidt- Bräutigam/Meierkord o.J., S. 5; Klieme u.a. 2007). Damit gibt es für Schulen vor allem Spielräume – also einen größeren Hand- lungsrahmen für die konkrete Gestal- tung von Unterricht, denn der Weg hin zu den Kompetenzzielen ist weitgehend offen. Allerdings fordert die Ausrich- tung an fachlichen und überfachlichen Kompetenzzielen auch ein Umdenken in der Gestaltung von Unterricht: dieser orientiert sich nicht mehr an einer in- haltlichen Fachsystematik sondern »der einzige Weg dorthin [ist; J.H.] ein kom- petenzorientierter Unterricht, in dem die Inhalte allenfalls Mittel auf dem Weg des