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… insbesondere individualisiertes und kompetenzorientiertes Lernen

Hamburg macht Schule 4|2010 24 Thema Anmerkungen zum Unterrichtsfach Theater Das Unterrichtsfach Theater hat in der Schule einen besonderen Stellenwert. In keinem anderen Fach ist es den Schüle- rinnenundSchülernmöglich,ihreeigene Lebenswelt buchstäblich zu verkörpern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass der Fokus gemäß dem projektorien- tierten Unterricht auf dem Handlungs- ergebnis liegt, meist in Form einer Aufführung. Schülerinnen und Schüler treten zugleich als Schauspieler, Regis- seure, Dramaturgen und auch als Büh- nentechniker, Musiker und Filmema- cher in Aktion. Durch die Präsentation der Produktionen in der Öffentlichkeit entsteht eine in der Schule sonst eher seltene direkte Zielorientierung, die den Schülerinnen und Schülern nicht erst durch Tricks aus der pädagogischen Motivationskiste untergeschoben wer- den muss. Während des Entstehungs- prozesses gibt es entsprechend viele Auseinandersetzungen, denn die Schü- lerinnen und Schüler wollen am Ende auf der Bühne »möglichst gut daste- hen«. Über diese Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Produktion und der Reflexion in der Gruppe lernen sie per- formative Handlungen und theatrale Gestaltungsmittel bewusst einzusetzen. Somit entsteht Theoriebildung im Ideal- fall direkt aus dem Prozess, quasi »en passant« und nicht als ein von außen aufgesetzter Fremdkörper. Im Bereich der Projektverfahren gibt es auf dem Papier zwei unterschiedliche Zugänge, die allerdings in der Praxis oft fließend ineinander übergehen: Ei- nerseits die Eigenproduktion, die the- matisch und bei den Stoffen von den Schülern ausgeht, und andererseits die Arbeit mit dramatischen oder anderen Vorlagen. Im ersten Fall entwickeln die Schülerinnen und Schüler eine diffe- renzierte Wahrnehmung ihres eigenen Alltags über die theatrale Umsetzung ihrer Alltagsgeschichten oder Gefühle. Im zweiten Fall nähern sie sich einer zunächst fremden Welt, indem sie sich mit erzählerischen oder dramatischen Texten auseinandersetzen und durch Verkörperung dieser fremden Welt ihre eigene Interpretation gegenüberstellen. In beiden Fällen entwickeln sie bei der Erprobung von theatralen Szenen und Produktionen verschiedene Perspekti- ven auf die sie umgebende Lebenswelt und erweitern ihr Verständnis ihrer in- dividuellen und sozialen Wirklichkeit. Das Handlungsfeld »Zeit« Im neuen Bildungsplan werden die drei Handlungsfelder Körper, Raum und Zeit unterschieden. Im Folgenden soll das Handlungsfeld »Zeit« erläutert und im Anschluss ein Praxisbeispiel aus dem Gymnasium Ohmoor skizziert werden, das ich als Spielleiterin im Schuljahr 2009/10 begleiten durfte. Im Handlungsfeld »Zeit« stehen Be- griffe wie Spielzeit, Timing und Rhyth- mus im Vordergrund. Schülerinnen und Schüler lernen über Zeitraffer, Zeitdehnungen, Rückblenden, Vor- griffe oder Doppelungen Möglichkeiten kennen, ihre Spielszenen fernab von chronologisch linearen Erzählsträngen zu entwickeln und auf deren Funktion hin zu reflektieren. Ziel ist es dabei, Schülerinnen und Schüler aus ihrem konventionellen Rezeptionsverhalten herauszulocken und sie mit anderen Darstellungsformen und stilisierten Gestaltungselementen bekannt zu ma- chen. Irrwege und Arbeit im scheinbar thematisch luftleeren Raum werden dabei in Kauf genommen. Frustration ist ein Teil dieser Arbeit und sollte die Lehrkraft nicht entmutigen. Aus meiner Erfahrung sind es gerade diese Phasen des Leerlaufs oder des Schwebens, die über die Atmosphäre der Gruppe und das Gelingen einer Aufführung entschei- den. Intensive Phasen der Reflexion, bei der die Gruppe bespricht, wo sie gera- de steht und was eigentlich das Endziel sein könnte, sind dabei von zentraler Bedeutung. Das Vertrauen der Spiellei- tung, dass sich am Ende schon etwas Gutes bei diesen manchmal chaotischen Findungsprozessen herauskristallisiert, ist wichtig. Die MEDEA-Adaption am Gymnasium Ohmoor im Mai 2010 Die oben skizzierten Ansprüche an das Schultheater lassen sich in der Pra- xis nicht immer vollständig umsetzen. Die hier vorgestellte Gruppe durch- lief sowohl die Phase der Frustration und des Boykotts als auch die Phase des intensiven Miteinanders, das zu einem gelungenen Endergebnis führte. In der ersten Stunde des neuen Semes- ters wurde die Frage thematisiert, womit sich dieser Kurs von der Schule verabschieden wolle. Von den Schüle- rinnen und Schülern kam der Impuls sich mit einem antiken Dramenstoff zu beschäftigen, ich (Maike Mittag) brachte verschiedene Kurzfassungen mir bekannter Dramen in die Gruppe ein und die Wahl fiel auf »Medea«. Die Phase der Erarbeitung verlief Theater und Zeit Zur Bedeutung des Unterrichtsfaches Theater für die Entwicklung von »Zeitkompetenz« Ästhetische Bildung zeichnet sich nicht zuletzt durch einen besonders sensiblen Umgang mit Zeit aus. Der komplexe Prozess einer schulischen Theaterproduktion entwickelt das Gefühls- und Urteilsvermögen in Be- zug auf Rhythmus, Tempo und die Eigenzeiten von Situationen, in de- nen Menschen handeln. Wie das im Einzelnen aussehen kann, zeigt der folgende Erfahrungsbericht. Gymnasium