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Der besondere Beitrag der Arbeitslehre für die Entwicklung von Zeitkompetenz und Qualitätsbewusstsein

Hamburg macht Schule 4|2010 20 Thema Beschleunigter Konsum: Up to date und Just in time Die derzeitige Schülerschaft ist in ihrem Lebensumfeld wie keine zuvor dadurch geprägt, dass scheinbar alles im Super-, Bau- oder Medien-Markt günstig zu er- werben ist. Die Werbebeilagen fast aller Zeitungen und die Werbepausen der Pri- vatsender überschwemmen die Alltags- wahrnehmung regelmäßig mit Kampag- nen für Angebote, die eigentlich niemand braucht. Dennoch erzeugt dieser stän- dige Kaufanreiz statistisch nachweisbar Kampagnenerfolge, denn wer mitreden will, muss auch kaufen. Wer sich diesen Trends verschließt, bleibt nicht »up to date« und handelt nicht »just-in-time«. Der Begriff »Just In Time« (JIT = gera- de rechtzeitig) beschreibt eine Produk- tionsstrategie, die als Ziel die Schaffung durchgängiger Material- und Informa- tionsflüsse entlang der Lieferkette ver- folgt. Diese Strategie ist mittlerweile unter der synonymen Bedeutung »alles ist immer schnell verfügbar« auch beim persönlichen Konsumverhalten Heran- wachsender zu beobachten. Deren Ta- schengeldistlängstalsWirtschaftsfaktor erkannt worden und wird daher vielsei- tig beworben und real ausgeschöpft. Ineinemsogeprägtengesellschaftlichen Umfeld entsteht ein unkritisches Kon- sumverhalten. Die Produktionsprozesse sind kaum bekannt und demzufolge kann sich ein Gefühl für die in den gekauften Produkten steckende menschliche Arbeit kaum entwickeln. Daraus folgt Tendenz: Nur der Preis zählt, Qualität wird zur Ne- bensache, das Produkt kann schnell er- setzt werden. Unachtsamkeit und »Weg- werfmentalität« sind die Folgen. Zeitgerechte Eigenproduktion – Voraussetzung für kritisches Verbraucherbewusstsein Der Unterricht »AL« findet in den Schu- len in Fachräumen statt – das sind Haus- wirtschafts-, Holz-, Metall-, Textil- oder sonstige, meist multifunktionale Fach- räume, die in der Regel von Lehrwerk- meistern unterschiedlicher Fachrich- tungen verwaltet werden. Anders als im nichtschulischen Leben wird Heranwachsenden im Fach AL Zeit dafür eingeräumt, sich mit den Begleit- symptomen der Just-in-time-Mentalität auseinanderzusetzen. Dazu gehört es auch, im Kontext der Kompetenzent- wicklungen und -anforderungen bei der Analyse, Beurteilung, Planung und Her- stellung von schulischen Produkten oder Dienstleistungen Praxiserfahrungen zu sammeln, um sich auf Basis eigener Er- kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten die im Produkt oder in der Dienstleis- tung verborgene Leistung der Arbeit zu erschließen und damit die Grundlagen für ein fundiertes Verbraucherbewusst- sein zu entwickeln. Just-in-time spielt in der Schule mit Ausnahme besonderer Projekte wie dem einer Schülerfirma im Unterricht nur eine marginale Rolle. Dagegen bietet AL einen exzellenten Er- fahrungsraum für das Prinzip »Gut Ding braucht Weile«, denn unser Unterricht und seine Themen und Aufgaben sind durch die »Eigenzeit der »Gegenstände« determiniert. Dazu drei Beispiele: • Herstellung eines Werkzeugkastens (Abb. 2) TechnischeGrundbildungimSinnederAr- beitslehre, bei der es um den Kompetenz- erwerb einerseits hinsichtlich von Grund- fertigkeitenderMaterialverarbeitungund -bearbeitung und andererseits um den Kompetenzerwerb hinsichtlich des Ver- haltens in einem technischen Fachraum geht (Letzteres ist umso bedeutender, weil hierauchüberfachlicheKompetenzeneine Rolle spielen), wird traditionell gerne am Beispiel des Werkstoffes Holz vermittelt – hieristz.B.dieAufgabe»Herstellungeines Werkzeugkastens« ein komplexes Projekt mit aufeinander abgestimmten Arbeits- und Montageschritten. Allein die Abbin- dezeit des Leims erfordert je Verleimung ca. fünf Minuten – bei notwendigen zwölf PositionenbeträgtdienotwendigeZeitda- für60Minuten.Aberdasistnatürlichnicht alles, denn zuvor finden Tätigkeiten wie Messen und Anreißen, Sägen und Schlei- fen und Bohren statt – der für diese Lern- zeit zu veranschlagende Faktor übertrifft beiweitemdenderMontagezeit.Somitbe- nötigen die Schülerinnen und Schüler ca. vier Doppelstunden bis zur Fertigstellung – darin enthalten sind sowohl Phasen des Kompetenzerwerbs im Bereich der Werk- stoffverarbeitung als auch solche in den Sektoren Qualitätsbeurteilung, Planung und Kostenermittlung. • Kochen nach Plan (Abb. 1) Im Schwerpunkt Haushalt steht eine an- dere Zeitdeterminante im Zentrum: z.B. Zwischen »Just In Time« und »Gut Ding braucht Weile« Der besondere Beitrag der Arbeitslehre für die Entwicklung von Zeitkompetenz und Qualitätsbewusstsein Welche Arbeits- und Zeitmengen sind nötig, damit aus rohem oder halbfer- tigem Ausgangsmaterial ein quali- tätvolles Produkt entsteht? Welche »Eigenzeiten« brauchen Holz, Metall, Textilstoffe oder Lebensmittel, um durch menschliche Arbeit plus Tech- nik zu Gebrauchsgegenständen zu werden? Der Arbeitslehre-Unterricht liefert für die Beantwortung solcher Fragen »handgreifliche« Erfahrungen und Erkenntnisse. Stadtteilschule