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Vergangene Zeiten erschließen und verstehen lernen

Hamburg macht Schule 4|2010 16 Thema Grundschule Warum bauen wir heute keine Burgen mehr? Vergangene Zeiten erschließen und verstehen lernen Geschichte als rekonstruierte Vergangenheit verstehen Unser Wissen über die Vergangenheit hängt von überlieferten historischen Quellen unterschiedlichster Art ab. Mit deren Hilfe versuchen wir uns die Ver- gangenheit zu erschließen und uns dem wirklich Geschehenen anzunähern. Des- halb sollten Grundschüler durch geeig- nete Arbeits- und Lernformen nachvoll- ziehen können, wie Geschichte »geschrie- ben« wird bzw. wie Historiker zu ihren Erkenntnissen gelangen. Der aktuelle Rahmenplan Sachunterricht verweist in Form seiner Anforderungen auf diese zentralen Aspekte historischen Lernens. Ausgangspunkt zum Erschließen der Vergangenheit durch Wissenschaftler wie auch durch Kinder ist das Fragen- stellen. Wenn Veränderungen zwischen verschiedenen Zeitpunkten erkannt werden, wollen Kinder diese verstehen. Sie suchen nach Erklärungen bei aktu- ellen Anlässen (»Warum gab es beim Bau unserer Schule vor 60 Jahren noch keinen Computerraum?«) und bei der Beschäftigung mit historischen Themen im Unterricht (»Weshalb haben sich die Menschen in unserem Stadtteil Häuser aus stinkenden Fischkisten gebaut?«). In meiner Unterrichtspraxis habe ich mich vor allem mit Möglichkeiten und Problemen des Umgangs mit einfachen historischen Quellen, mit der Darstel- lung von historischen Ereignissen und Entwicklungen in Zeitleisten sowie mit der Bearbeitung historischer Fragestel- lungen beschäftigt. Auf Letzteres – als Ausgangspunkt für die Entwicklung zen- traler Teilkompetenzen des historischen Lernens – soll hier näher eingegangen werden. Unterrichtspraxis: Von der Gegenwart ausgehen und vergleichen! Im 3. Schuljahr beschäftigten sich meine Schüler intensiv mit der Erstellung eines individuellen Heftes über das Mittelal- ter. Sie sammelten nach ihren Interes- sen selbstständig Informationen über Burgen, das Rittertum und das Leben der Menschen in der damaligen Zeit und stellten ihre Ergebnisse auf selbst gestalteten Seiten dar. Regelmäßig be- richteten die Schüler im Sitzkreis über ihre Ergebnisse, aber auch über ihre Schwierigkeiten, zu bestimmten The- men geeignete Informationen zu finden. Besonders interessant wurde es immer dann, wenn die Kinder zu ihren bearbei- teten Themen weitergehende Fragestel- lungen entwickelten. Wir hielten diese Fragen schriftlich fest und ordneten sie Themenbereichen zu. Zu drei Themen- bereichen sammelten wir am meisten Fragen: • Ausbildung zum Ritter (z. B.: »Wie konnte man feststellen, ob ein Ritter wirklich eine Ausbildung gemacht hat- te?«, »Konnten auch Mädchen Ritter werden?«) • Bau und die Gestaltung von Burgen (»Warum werden keine Burgen mehr gebaut?«, – »Wie konnte man eine Burg erobern?«) • Das Leben der Menschen im Mittelal- ter (»Hatten die Kinder auf der Burg ein eigenes Zimmer?«, – »Warum ist auf den Straßen so viel Müll und Schmutz?«). Es fälltauf,dass die meistenFragestellun- gen der Kinder aus ihrem Vergleich mit unserer heutigen Lebenswelt resultieren. Ich wählte zwei Varianten, um die Fra- gestellungen der Kinder zur Entwicklung historischer Kompetenzen zu nutzen: a)Zum einen erhielten Schülergruppen den Auftrag, sich um die Klärung einzelner Fragen zu kümmern und ihre Erkenntnisse anschließend allen vorzustellen. Außerdem notierten sie sich, wie sie dabei vorgingen und wel- che Informationsquellen sie nutzten. So konnten nicht nur viele Fragen in- haltlich geklärt werden, sondern auch zugleich unterschiedliche Methoden bewusst erfahren und in der Gesamt- gruppe gesammelt werden. Da aber als Informationsquellen fast ausschließ- lich Geschichtsdarstellungen genutzt wurden, war die Frage eines Schülers besonders spannend: »Woher wissen die eigentlich, wie eine Burg vor 700 Jahren erobert wurde?«. Im Grunde verweist diese Schülerfrage auf eine zentrale Erkenntnis, die Kinder beim historischen Lernen erwerben sollen: Es gibt einen Unterschied zwischen der Vergangenheit und der Geschichte. Das, was die Kinder zu ihren Fragen durch Bilder und Texte herausfanden, war ebenfalls dadurch entstanden, dass sich einmal Historiker ähnliche Fragen gestellt hatten. Aber wie konn- ten diese etwas über die Vergangenheit erfahren haben? Na klar, wir befragen Historiker. Bei einem Besuch im Muse- um für Hamburgische Geschichte so- wie bei einer historischen Stadtführung in Lüneburg konnten die Kinder nicht Welche spezifischen Methoden- kompetenzen und Arbeitsweisen können Kinder im Sachunterricht der Grundschule erwerben, um historisches Denken und damit ein historisches Bewusstsein zu entwickeln? Der Erfahrungsbericht reflektiert Unterrichtserfahrungen zum Thema Mittelalter am Beispiel einer 3. Klasse.